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Traditionelle nationale Gerichte (Gelesen 21919 mal)
Moderator: Nina
Traditionelle nationale Gerichte
Angeblich gibt es typische nationale Gerichte, und angeblich sind sie traditionell überliefert. Soeben hat der aus Parma stammende Alberto Grandi in seinem Buch "Mythos Nationalgericht" großes Aufsehen und großen Unmut bei den politischen Rechten Italiens erregt, als er die "Spaghetti cabonara" als amerikanische Erfindung entlarvte. Zwar weiß man inzwischen, dass diese Nudeln usprünglich aus China stammen und die bei uns übliche Pizza aus den USA kam, aber viele Annahmen sind noch nicht hinterfragt. Der Espresso ist jedenfalls keine italienische Erfindung, sodern eine türkische, und der Cappuccino kam in der Gegend von Rimini auf, als die dortigen deutschen Urlauber im italinieschen Kaffee die gewohnte Milch vermissten. Dass Döner aus Deutschland stammt, ist inzwischen wohl allgemein bekannt, weniger aber, dass das Wiener Schnitzel ursprünglich aus Mailand ist (Cotoletto milanese). Schweinsbraten (bitte nicht "Schweinebraten", denn er wird aus einem singulären Tier hergestellt) halten nicht nur Münchner Wirte für das typisch bayerische Gericht, aber er findet sich auf den Speisenkarten (!) erst nach dem Ersten Weltkrieg, als mit der Inflation und Verarmung auf billigeres und minderwertigeres Fleisch zurückgegriffen werden musste. Noch um die Jahrhundertwende standen auf den Angebotslisten der Münchner Restaurants gleich mehrere Kalbsgerichte, aber kein Schwein. Und bis zum 30jährigen Krieg war Bayern ein Wein- und kein Bierland. Die Flurnamen des Weihenstephaner Hügels in Freising, wo die angeblich älteste Brauerei der Welt thront, tragen meist 'Weinbergsbezeichungen. Die Weißwurst ist nicht am Münchner Marienplatz erfunden worden, sondern stammt aus Frankreich, usw. - die sogenannten nationelen Gerichte sind oft international oder zumindest gesamteuropäisch. Trotzdem: guten Appetit!
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
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Erich Kästner, (1933/46), Ein alter Mann geht vorüber
“Frei zu sein bedeutet nicht nur seine eigenen Ketten abzulegen, sondern sein Leben so respektvoll zu leben, dass es die Freiheit anderer steigert.“ Nelson Mandela
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
es wird sicher noch dauern, bis gedämpfter fisch mit teryakisauce eine original bayerische spezialität wird. :-\
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moin
"(…) die abstrakten worte, deren sich doch die zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches urteil an den tag zu geben, zerfielen mir im munde wie modrige pilze." hugo von hofmannsthal – der brief des lord chandos
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Das urdeutsche Gericht Pommes mit Currywurst wurde sehr schnell traditionell.😁
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Wobei Kartoffeln, als sie noch als Zierpflanze angebaut wurden, rar und teuer waren und Curry in den Zeiten, als man südostasiatische Gewürze hierzulande mit Goldstaub aufwog, auch. Pommes mit Currywurst muß also mal eine Speise der Besserverdienenden gewesen sein ;)
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Gibt es überhaupt Nationalgerichte?
Das einzige französische ist Couscous, und der stammt ursprünglich nicht aus Frankreich. Daher redet man dort von der "cuisine de terroir", was man mit regionaler oder lokaler Küche übersetzen könnte.
In Süddeutschland kommt keiner auf die Idee, dass Grünkohl oder Labskaus essbar wäre. etc. etc.
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Coq au vin wird wohl als „das“ französische Nationalgericht angesehen.
Mir fiel als erstes boeuf bourguignon ein, wobei das wieder regionale Wurzeln hat, genau wie quiche lorraine….
Ratatouille und Bouillabaisse fallen mir auch noch ein, auch regionale, südfranzösische Wurzeln.
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Melisende hat geschrieben: ↑28. Jun 2024, 18:09
Gibt es überhaupt Nationalgerichte?
Das einzige französische ist Couscous, und der stammt ursprünglich nicht aus Frankreich. Daher redet man dort von der "cuisine de terroir", was man mit regionaler oder lokaler Küche übersetzen könnte.
In Süddeutschland kommt keiner auf die Idee, dass Grünkohl oder Labskaus essbar wäre. etc. etc.
Nationalgerichte aus F
Coq au vin? Bouillabaise, Cassoulet aus dem Süden, Tarte, süß oder salzig, zB
Hier gibt es im Winter sogar Grünkohl zu kaufen... ;)
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Kasbek hat geschrieben: ↑28. Jun 2024, 18:05
Wobei Kartoffeln, als sie noch als Zierpflanze angebaut wurden, rar und teuer waren und Curry in den Zeiten, als man südostasiatische Gewürze hierzulande mit Goldstaub aufwog, auch. Pommes mit Currywurst muß also mal eine Speise der Besserverdienenden gewesen sein ;)
Man weiß relativ sicher, dass Currywurst eine Erfindung der Nachkriegsjahre ist, als es Ketchup durch die amerikanischen und Curry durch die englischen Besatzer gab.
Deswegen ist die Geschichte mit Berlin am wahrscheinlichsten, dort waren ja alle zusammen.
Mein Opa hat bei den Briten in der Kaserne als Hilfskoch gearbeitet und hat deshalb später auch gerne etwas Curry an Bratkartoffeln gemacht.
Grünkohl und Erbsensuppe sind wohl tatsächlich relativ urnorddeutsch, genau wie Graupensuppe.
Ich bin im norddeutsch geprägten Haushalt groß geworden, und habe später im Umgang mit internationalen Sportmannschaften gelernt, dass unsere Schweinefleischgerichte quasi unbekannt sind, und man verwundert bis entsetzt war. Soviel Schwein!
Ob Schnitzel, Braten, Pichelsteiner Eintopf, Würstchen, Mett, (das war extrem schwer, ihnen das zu verklickern), Aufschnitt, Teewurst...
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Erbsensuppe und sehr viele Schweinefleischgerichte, Würste, Aufschnitt, Pâtés sind aber auch in Luxemburg gängig gewesen.
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Erbsen waren weit verbreitet allgegenwärtig, wie es aussieht.
Im Luxemburgischen gibts passend den Spruch:
„Ech hun es esou saat wéi där kaaler Iebsen“
„Ich bin es so überdrüssig wie kalte Erbsen“
8) ;D
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Herrliches Thema! :DNina hat geschrieben: ↑28. Jun 2024, 19:03
[quote author=raiSCH link=topic=74140.msg4202015#msg4202015 date=1719585918]
Angeblich gibt es typische nationale Gerichte, ...
Ja, das ist sogar ein politisches Thema. Es gibt angeblich Nationen, aber was haben Sizilianer mit Mailand gemeinsam, oder Flensburger mit Berchtesgadenern? Die Nationen sind im 19. Jahrhundert künstlich geschaffen worden, aber die Regionen sind älter. Es gibt keine nationale Speisen, nur regionale.
Es ist auch ein ideologisches Thema: Einige provinzielle Politker wollten Insekten als Speise zugunsten von Leberkäs und Schäufele verbieten, aber ich habe in China mehrere Insektenarten gegessen, die besser schmeckten als die bei uns tolerierten Garnelen und Krebse, und sie hatten weniger Beine. Meine Bäckerei hat Plakate ausgehängt, dass in ihren Backwaren keine Grillen oder andre Insekten verareibtet würden - was solls?
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
Kurz zur Erbsensuppe - die muß hier so richtig dick einkochen, wird mit geräuchertem Schweinebauch angesetzt und dann mit Sauerkraut und Senf gegessen. :D
Heute war gut.
Morgen - sehen wir dann!
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Re: Traditionelle nationale Gerichte
etwa auch ohne insekten?! :-\
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