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Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill (Gelesen 3210 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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Re-Mark
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Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark »

Hi,

hat sich zufällig jemand von Euch schon näher mit dem "Edelkönig" befasst? Existiert der überhaupt als eigenständige Sorte, oder ist es doch nur ein Synonym des "Roten Herbstkalvill"?

https://apfel.kulturnation.de/adt-edelkoenig-sei-der-apfel-geschmackvoll-und-gut-17-06-2018
https://www.geschickt-pflanzen.de/de-DE/Artikel/620/Malus-Edelkoenig-
http://www.obstsortendatenbank.de/edelkoenig.htm
https://www.pur-apfel.at/sorten/roter-herbstkalvill

Ich habe vor Jahren einen Roten Herbstkalvill gepflanzt. Ich bereue es nicht, aber trotzdem ist dieser Baum ein Lehrbuchbeispiel dafür, warum manche alten Sorten kaum noch gepflanzt werden. Da ist das sehr große Kerngehäuse, der starke Fruchtfall wenn es auf die Ernte zugeht und das meiner Meinung nach ziemlich enge Fenster, in dem die Früchte gut sind. Wenn man den perfekten Zeitpunkt erwischt, und das Wetter auch passte, dann kann der Rote Herbstkalvill köstlich sein. Aber ein wenig zu lange gewartet, schon ist er mehlig.
Beim "Edelkönig" findet man die Angabe, er würde länger saftig bleiben als der Herbstkalvill. Hm.

Ist vielleicht eine Anfängerfrage, aber ich möchte trotzdem nachhaken: "eine Varietät vom Roten Herbstkalvill" würde bedeuten, es wäre eine Sprossmutation, oder? Soetwas wie "Roter Boskoop", wo plötzlich ein einzelner Zweig an einem Boskoop-Baum andersfarbige Früchte trug?
Kann das überhaupt sein? Dass vor mehr als zweihundert Jahren jemand an seinem "Roter Herbstkalvill"-Baum einen Zweig entdeckte, dessen Früchte sich zwar optisch kaum unterschieden (minimal andere Form), aber ein klein wenig länger saftig blieben und dass dann als gesondert vermehrte?


Gibt es eigentlich Apfelsorten, die den Roten Herbstkalvill oder den Edelkönig zu ihren Vorfahren zählen?

Und zu guter Letzt: falls es den Edelkönig als eigenständige Sorte gibt, wo könnte ich Edelreiser herbekommen?


Grüße,
Robert

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Tara2
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Tara2 » Antwort #1 am:

Ich habe mich zwar nicht mit dem Edelkönig befasst, aber bei den alten Sorten ist es praktisch üblich, dass es viele verschiedene Varitäten der selben Sorte mit manchmal minimalem und manchmal auch deutlichem Unterschied zur ursprünglichen Ausgangssorte. Son sollen es z. B. vom Boskoop oder dem Gravensteiner (soweit ich weiß) jeweils mehr als 50 verschiedene Mutanten geben. Und bei anderen Sorten wie Berlepsch, Cox Orange usw. ist es sicherlich auch nicht anders.
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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #2 am:

Tara2 hat geschrieben: 3. Jan 2020, 16:34
Son sollen es z. B. vom Boskoop oder dem Gravensteiner (soweit ich weiß) jeweils mehr als 50 verschiedene Mutanten geben.


Deshalb habe ich ja den Boskoop auch auch Beispiel genannt. Bei einer Knospenmutation aufgrund derer plötzlich an einem Zweig statt grünlicher Äpfel rote Äpfel wachsen fällt es ja auch auf. Oder wenn die Berostung stark verändert ist.
Aber Äpfel, die ein wenig länger saftig bleiben? Wie soll das entdeckt worden sein? Normalerweise liegen die Früchte im Lager doch nicht nach Zweigen sortiert.

Meine Frage ging auch in die Richtung: bedeutet "Varietät von ..." immer "Knospenmutation von..."? Oder könnte es auch sein, gerade bei mehrere hundert Jahre alten Sorten, dass es sich um zwei verschiedene Sämlinge handelte, vielleicht Geschwister, die sich nur zufällig extrem ähneln?

Gibt es hier im Forum vielleicht jemand (oder kennt Ihr jemanden), der beide Varietäten hat und bestätigen kann, dass sie sich unterscheiden?


Gibt es eine Apfelsortendatenbank, in der man auch nach Abstammungen suchen kann? Wo man also z.B. nach Sorten suchen könnte, unter deren Vorfahren ein Roter Herbstkalvill (oder der Edelkönig) ist?

Grüße,
Robert
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cydorian
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

cydorian » Antwort #3 am:

Edelkönige in D dürften selten sein. Um deine Frage zu beantworten, müsste man die Sorte einer molekularen Phylogenie-Analyse unterziehen.

Es gibt noch viel mehr Möglichkeiten. Abkömmling, Abkömmling aus Selbstbefruchtung (ist zwar nicht die Regel bei Äpfeln, aber je nach Sorte häufig).
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Tara2
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Tara2 » Antwort #4 am:

Re hat geschrieben: 3. Jan 2020, 21:29
Deshalb habe ich ja den Boskoop auch auch Beispiel genannt. Bei einer Knospenmutation aufgrund derer plötzlich an einem Zweig statt grünlicher Äpfel rote Äpfel wachsen fällt es ja auch auf. Oder wenn die Berostung stark verändert ist.
Aber Äpfel, die ein wenig länger saftig bleiben? Wie soll das entdeckt worden sein? Normalerweise liegen die Früchte im Lager doch nicht nach Zweigen sortiert.

Grüße,
Robert

Das kann z.B. so entdeckt worden sein, dass jemand Äpfel von zwei Bäumen ins Lager gelegt hat und dann bemerkt hat, dass die Äpfel eines Baumes viel länger haltbar blieben als die vom Anderen.
Ein Bekannter von mir hat einen Kaiser Wilhelm der wird immer recht schnell mehlig. Von einer anderen Herkunft weiß ich, dass die deutlich länger halten.
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Ayamo
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Ayamo » Antwort #5 am:

Bei Arche Noah gibt´s auch eine Beschreibung des Edelkönigs mit Foto.
Bestätigt das von dir schon Zusammengetragene. Es ist aber nicht klar, ob der Autor dieses Sortenblattes eigene Erfahrungen mit dem Baum hat oder einfach die Informationen aus der alten österreich-ungarischen Pomologie in das schöne übersichtliche Format des Vereins gebracht hat...
Das Foto lässt natürlich vermuten, dass einer der Erhalter den Baum hat.

Für den Schaugarten von Arche Noah habe ich aber keine Obstsortenliste gefunden, und im Online-Sortenhandbuch mit Bezugsquellen der Erhalter ist die Sorte im Ggs. zu anderen Apfelsorten auch nicht aufgeführt.
Im schlechtesten Raum/ pflanz einen Baum/ und pflege sein!/ er bringt dir's ein. (J. L. Christ)                    (Stimmt das wirklich?)
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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #6 am:

Tara2 hat geschrieben: 4. Jan 2020, 08:06
Ein Bekannter von mir hat einen Kaiser Wilhelm der wird immer recht schnell mehlig. Von einer anderen Herkunft weiß ich, dass die deutlich länger halten.


Das könnte aber auch am Boden liegen, oder an Viren oder vielleicht sogar an der Unterlage?

Da du gerade den Kaiser Wilhelm erwähnst... wir haben auch einen Kaiser Wilhelm Apfelbaum, der soll schon existiert haben als meine Großmutter noch ein Kind war (sie wäre letzten Monat 100 Jahre alt geworden), also gehe ich davon aus, dass der Baum auch um die hundert Jahre alt ist. Und leider muss ich zugeben: ich mag diese Äpfel nicht. Der Baum ist auch nicht mehr richtig fit (viel zu viele Misteln). Die Äpfel haben alle Apfelwickler oder Schorf. Und selbst als es noch besser aussah fand ich sie nicht besonders gut, kann sein, dass sie auch schnell mehlig waren.
Du meinst also, es gibt auch gute Kaiser Wilhelms? Vielleicht sollte ich das auch mal ausprobieren...


@Ayamo: das PDF hatte ich schon, aber nicht so richtig realisiert, dass Arche-Noah vielleicht auch einen Baum davon hat. Danke dafür. Ich habe ihnen eine e-Mail geschrieben.

Grüße,
Robert


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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #7 am:

Gerade bei Suchen zu Obstsorten bekommt man von Google auch digitalisierte alte Bücher angezeigt.
Mittheilungen der kaiserlich königlich Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brünn. Band 24-25
Einen kleinen Abschnitt habe ich abgetippt, weil ich ihn seltsam fazinierend finde:

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00
Verzeichnis
derjenigen Obstbäume, von welchen die pomologisch-önologische Abtheilung der k.k.m.s. Ackerbaugesellschaft zu Brünn, im laufenden Jahr 1833, Edelreiser vertheilen wird.

1. Aepfel
Kalville.

1. Edelkönig.
2. Weißer Winterkalvill.
3. Rother Sommerkalvill.
4. Rother Herbstkalvill.
5. Gestreifter Herbstkalvill.
6. Gestreifter gelber Herbstkalvill.
7. Rother Kalvill mit Himbeergeschmack.
8. Echter rother Winterkalvill.
9. Rother Paradies, auch braunrother Himbeerapfel.
10. Gräfensteiner.
11. Langer rother Himbeerapfel.
12. Meißner leberrother Himbeerapfel.
13. Rother Sommerhimbeerapfel.
14. Danziger Kantapfel.
16. Neuer Kalvill, unbestimmt.
20. Dörels Reinette Calville.
21. Gestreifter Winterkalvill.

[...]


Die kaiserlich königliche Mährisch-Schlesische Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaus in Brünn hat also im Jahre 1833 Edelreiser verteilt, alleine in der Kategorie "Kalvill" von 16 Apfelbäumen, und ganz offensichtlich gingen sie davon aus, dass es 16 verschiedene Bäume waren. Erstaunlich viele, die etwas mit Himbeeren zu tun hatten. Und erstaunlich viele Namen, die sich aus heutiger Sicht sehr ähneln.
Andererseits findet man auch Veröffentlichungen aus dieser Zeit mit langen Listen von Namen verschiedener Apfelsorten, die nach Meinung des Verfassers in Wirklichkeit für die gleiche Sorte stehen. Es gab einerseits eine ungeheure Vielfalt und andererseits offenbar auch eine ziemliche Unordnung. (Also ähnlich wie heute, nur schlimmer... ;) )

Es erscheint mir mittlerweile ziemlich plausibel, dass es damals mehrere sehr ähnliche Sorten gab. Woran ich starke Zweifel habe ist, dass die korrekten Zuordnungen die letzten zweihundert Jahre überstanden haben.


Hat vielleicht jemand hier Kontakte nach Tschechien? Um mal in Brünn/Brno rumzufragen, ob da noch alte Apfelbäume aus der Zeit stehen...?

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Tara2
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Tara2 » Antwort #8 am:

Die waren damals ja auch noch nicht so vernetzt wie heute. Da kann es auch durchaus vorkommen, dass ein und dieselbe Sorte in einer anderen Gegend mit einem ganz anderen Namen verkauft wurde. das gibt es ja sogar heute noch. Da ist derKaiser Wilhelm ja das beste Beispiel. Desen eigentlicher Name ist Peter Broich, viel später kam irgendwo jemand auf die Idee den unter dem Namen Kaiser Wilhelm zu vermarkten. Der wusste vielleicht gar nichts vom ursprünglichen und pomologisch richtigen Namen. Und so kann es sein, dass die von Dir angesprochenen Sorten nicht nur ähnlich sonder sogar mehr oder weniger identisch waren.
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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #9 am:

Tara2 hat geschrieben: 5. Jan 2020, 08:23
Die waren damals ja auch noch nicht so vernetzt wie heute.
[/quote]

Da wäre ich mir nicht so sicher!
Was man so an Korrespondenz aus der Zeit nachlesen kann... da ging es ganz schön zur Sache. Auch über Ländergrenzen hinweg. Natürlich wird die Laufzeit der Beiträge etliche Tage bis Wochen betragen haben.

Systematisches Handbuch der Obstkunde, Band 3, Jena 1841
[Frakturschrift zu lesen fällt mir tlw etwas schwer, daher hoffe ich, nicht allzuviele Buchstaben falsch gelesen zu haben]
[quote]
Systematisches
Handbuch der Obstkunde
nebst
Anleitung zur Obstbaumzucht
und
zweckmäßigen Benutzung des Obstes

von
Johann Georg Dittrich


Küchenmeister bei Ihrer Hoheit, der verwittweten Frau Herzogin von Sachsen Gotha und Altenburg, der Königlich Preußischen Landesclturgesellschaft zu Arnsberg in Westphalen, des Vereins für GArtenbau und Feldwirthschaft in Coburg, des Vereins zur Beförderung des Obstbaues in der Oberlausitz, der öconomischen Gesellschaft im Königreich Sachsen, der pomologischen Gesellschaft zu Altenburg Ehrenmitgliede, des Vereins für Gartenbau in den königl. Preußischen Staaten, des Vereins für Blumistik und Gartenbau zu Weimar, der Frankfurter Gesellschaft zur Beförderung nützlicher Künste und deren Hilfswissenschaften, des Erfruter Gartenbauvereins correspondirendem, des Thüringer Gartenbauvereins zu Gotha ordentlichem Mitgliede, Inhaber der silbernen Verdienst-Medaille des Herzogl. Ernestinischen Hausordens.

Dritter Band.

Jena, 1841


[S. 108 ff]
Dagegen habe ich freilich auch die unangenehme Erfahrung gemacht, manche Sorte unter einem gewissen Namen unrichtig erhalten zu haben. So kann ich die von Ihnen unter dem Namen des wahren birnförmigen Apfels nur für die kleine Birnreinette, und die englische rothe Parmäne nur für den Feigenapfel halten, und die Amboise, Jalousie, Bergamotte de la Cour, und die Mandelbirne nicht für die richtige erkennen.
[...]
Die von Ihnen erhaltene Diezer Goldreinette zeigte sich als Goldgülderling, und sin die Gaesdonker Goldreinette, so wie Uellners und van Mons Goldreinette, welche ich ebenfalls von Ihnen erhielt, richtig, so sind diese Früchte durchaus keine Goldreinetten, da ihnen die wahren Charaktere der Goldreinetten fehlen.
[...]
Der Seite 34, Nr. 11 vorkommende geflammte Butterapfel ist nach Hrn. Graf von Flotow mit der gestreiften Sommerparmäne eine Sorte, so wie Seite 37, Nr. 13 der Edelkönig mit dem rothen Herbstcalville als ein und dieselbe Frucht angegeben wird. Eben so wird Seite 39, der Danziger Kantapfel mit dem Bentleber Rosenapfel für eins gehalten, so wie auch meine Untersuchung über Multhaupts Carminreinette, daß diese gar keine Reinette sey, sondern unter die Plattäpfel gehöre, S. 41 ihre Bestätigung fand; ich habe diesen Apfel trotz seines blauen Duftes, womit er am Baume überzogen ist, seines Geschackes wegen, welcher nichts Gewürzhaftes oder Rosenartiges an sich hat, unter die runden Plattäpfel gesetzt.
[...]


Man beachte auch den ausführlichen Titel und die ganzen Mitgliedschaften des Verfassers! Dagegen klingt ja Daenerys Targaryen mit vollen Titeln geradezu bescheiden...

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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #10 am:

...und ein weiterer älterer Beitrag:

Anweisung mit welchen Sorten verschiedene Obstbaumanlagen besetzt werden sollen, Salzburg 1842

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00
Anweisung
mit
welchen Sorten
verschiedene Obstbaum-Anlagen
besetzt werden sollen.

Von
Georg Liegel,

Apotheker zu Braunau am Inn, der kaiserl. königl. ökonomischen Gesellschaft in Wien, des pomologisch-önologischen Vereins der kaiserl. königl. Mährisch-Schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brünn, des kaiserl. königl. pomologischen Vereins in Prag, der königl. bayer. allemeinen praktischen Gartenbau-Gesellshaft zu Frauendorf wirkliches, der kaiserl. königl. Ackerbau-Gesellschaft in Kärnthen zu Klagenfurth, der [... ... die Liste war mir zu lang zum abtippen...]

Salzburg 1842



Kernobst.
Äpfel.

Bei allen Obstanpflanzungen sollen die Aepfel den Haupt-Bestandtheil ausmachen. Sie weichen an Geschmack keinem anderen Obste und ihre Bäume sind nicht so sehr empfindlich für den Grundstamm, Boden, Standort und das Klima, und machen sich vorzüglich verdient, daß sie uns das ganze Jahr den herrlichsten Genuß gewähren. In Privatgärten sollen sie wenigstens im Verhältnisse zu allem andern Obste wie 2 zu 1, und in ökonomischen Anlagen für den Lanmann wie 3 zu 1 gepflanzt werden. Der Wein (Most, Cider) ist besser und haltbarer, als der der Birnen. Auf Johannesstamm veredelt geben sie schöne, strotzend tragbare Zwergbäume von jeder Form; es gedeihen darauf alle Sorten ohne Unterschied und ist nicht empfindlich, wie die Quitte für die Birnenzwerge. Da aber der Johannesstamm nur ein sehr kleiner Apfelstrauch ist, so bleiben zärtliche, schwach treibende Sorten, darauf veredelt, sehr niedrig, geben zwar schöne Topfbäume, aber zu kleine Zwerge in das Freie, man veredelt daher diese schwachen Sorten lieber auf Wildlinge. Die Aepfel machen einen großen Handelsartikel aus, man versendet den Borsdorfer, den Rosmarinapfel, den rothen Stettiner (Zwiebelapfel) und andere aus Deutschland fast in alle Theile der Welt.

102.** Edelkönig
Groß. Prachtvoll. Platt zugespitzt. Karmoisinroth, das auf der Schattenseite hell aussieht, auf der Sonnenseite fast schwärzlich schillert, mit schwarzbraunen Rostflecken. Im Liegen sehr fettig und riecht himbeerartig. Das Fleisch weiß, locker, weich, voll Saft, rosenroth um den Kelch. Der Geschmack sehr erdbeerartig, von sehr angenehmer, erhabener, zuckerartiger Weinsäure. Sept. Hält sich bis gegen den Winter.
Der Baum wächst lebhaft und sehr fruchtbar.


151. Blutapfel.
Groß. Fast walzenförmig. lebhafte Blutfarbe. Das Flesich weiß und schwach rosenroth, saftig, grobkörnig, von einem sehr angenehmen, weinsäuerlichen Geschmack, mit etwas Erdbeerenparfüm. Nov. April.
Der Baum wird mittelmäßig groß und ist recht fruchtbar.



Ich denke, aus der Beschreibung geht hervor, warum ich diesen Edelkönig gerne hätte... :)
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Re-Mark
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

Re-Mark » Antwort #11 am:

Wenn ich das richtig verstanden habe, dann kommt der Rote Herbstkalvill aus Frankreich (z.B. laut Wikipedia aus der Auvergne). Und ich hatte den Eindruck, dass der Edelkönig auch als "Pomme Roi tres noble" bezeichnet wurde, was ja die direkte Übersetzung wäre.
Wollte daher auf französischen Seiten suchen, doch gleich der erste Google-Treffer führt zu soetwas:
https://croqueursauxoismorvan.wordpress.com/pomme-roi-tres-noble/

Das auf dem Bild sieht aber nach einem völlig anderen Apfel aus...
didd

Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

didd » Antwort #12 am:

Ein gesundes neues Jahr an alle!

Hallo Robert, schau doch nochmal bei der Baumsschule geschickt-pflanzen*), da habe ich meinen "Edelkönig" her. Die BS führt auch den "Roten Herbstkalvill". Vl. kann dmks mehr dazu sagen.

Wer jetzt glaubt, daß dies eine Schleichwerbung ist, der ist aber genau auf dem richtigen Weg. ;D

*)Der link steht ja schon im post #1
didd

Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

didd » Antwort #13 am:

Einige Beschreibungen des 'Edelkönig' lassen sich in der Deutschen Gartenbibliothek (gartentexte-digital) nachlesen.

Diel, Kernobstsorten, 2.Heft, S.1-5 (1800)
Lexa von Aehrenthal, Deutschlands Kernobstsorten, 2.Band, Nr.1 (1837)
Langethal, Deutsches Obstcabinet, Sect.1:Apfel, S 156-158 v. 766 (1859)
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Re: Apfelsorte: Edelkönig und Roter Herbstkalvill

landfogt » Antwort #14 am:

Die Frage ist leider immer die Echtheit.
Selbst mit der molekularen Untersuchung ist das nicht immer sicher.
Ich habe aus der Schweiz den Goldzeugapfel bekommen. Da eigentlich ein noch verbreiteter Apfel. War aber auch falsch.
es gibt tage da verliert man und es gibt tage da gewinnen die anderen
schwach anfangen und dann ganz stark nachlassen
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