News: Problem bei der Anmeldung? Bitte Mail über das Kontaktformular ganz unten!
Garten des 21.Jahrhunderts (Gelesen 22567 mal)
Moderatoren: Nina, Conni, AndreasR
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Total OT, aber Hortu ist schuld! ;DVor Jahren klagte ein italienischer Freund seiner versammelten Familie das Leid, das er durch seine Angetraute durchmachen müsse.Die gut 80-jährige Großmutter bemerkte dazu staubtrocken: "Una Querca non cede ad un solo colpo." (eine Eiche fällt man nicht mit einem Hieb, ital. Sprichwort)
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Leider bedeutet ein Stück Land sich selbst zu überlassen auch, sich gegen die Artenvielfalt zu entscheiden. Das darf man nicht vergessen. Viele Pflanzen und Tiere brauchen Grasland und Steppe zum Überleben. Bei uns wird aber nicht 'gepflegtes' bzw. bewirtschaftetes Land über kurz oder lang immer zum Wald.LG SilviaObwohl Gartengestaltung ja unbestreitbar Kultur oder Kunst ist, hänge ich dem Ideal nach, ein Stück "Natur" von nebenan, das (auch) überbaut worden ist, wiederherzustellen.
Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Ein aufregender Thread, wie ich finde. Danke, Ernst! Ich durchstöbere sozusagen das "Archiv" dieses Forums und kann mir einfach nicht verkneifen, in diesem Fall - leider absolut verzögert - zu posten. Verzeiht mir, wenn das Thema für Euch schon erledigt sein sollte .Der Garten des 21. Jahrhunderts?!?Wenn der sich denn definieren ließe, dann weiß ich, daß ich den genau so wenig würde haben wollen, wie den typischen Garten der 60er Jahre.Zu den verschiedenen Gartenstilen:Ich muß gestehen, daß mein Traumgarten bisher überhaupt nicht von real existierenden Anlagen geprägt wurde. Meine Inspiration kommt aus der Literatur und sie beginnt bei den ungezählten Märchen, in denen kleine Mädchen oder Jungs plötzlich eine verborgene Pforte entdecken, die ihnen - und meist nur ihnen allein - Zugang zu einem Zaubergarten verschaffen, in dem sie sprechenden Tieren und anderen Fabelwesen begegnen und der ihnen eine Zuflucht bietet, eine Chance den alltäglichen Repressalien "böser Stiefmütter" und "hartherziger Väter" zu entfliehen; der ihnen Raum bietet, sich selbst zu begegnen und frei von äußeren Zwängen den eigenen Intuitionen und Impulsen zu folgen. Hier öffnet sich ein Erlebnisraum, wie er individueller nicht sein kann. Wer ihn betritt, verläßt die Gesellschaft, den main stream - auch die Sicherheit, die er den Furchtsamen bietet! Für ihn/sie beginnt der unumkehrbare Prozeß der Individuation. In meiner kindlichen Phantasie entstanden damals die ersten prägenden Traumbilder meines persönlichen Gartens. Im Laufe der Jahre beeindruckte mich zunehmend auch die erotische Metaphorik des Gartens, wie sie bspw. in Salomos Lied der Lieder (Hohelied) oder von Sappho so unerreicht besungen wird.In jedem Fall ist mein Traumgarten ein Hort der Intimität, ein secret place! Zutritt haben nur "Auserwählte". Die Welt muß draußen bleiben. Ihr zeigt er sich auch nicht - ihr Beifall ist ihm gleichgültig.Ich liebe Gärten, deren Besitzer ihren Träumen treu geblieben sind - deren Gärten nicht ständig diese oder jene Schule zitieren und sich in ihrem Bemühen um möglichst perfekte Nachahmung allgemein anerkannter Stile erschöpfen!Zur "Naturnähe":Ja, ein Garten soll sich in die ihn umgebende Natur einfügen (sofern denn überhaupt noch Natur in der Nähe zu sehen ist ), aber sich auch ebenso sehr von ihr abgrenzen. Dort waltet die mächtige, gar nicht romantische, große, alles gebärende und letztlich auch alles verschlingende Gaia; hier verwirklicht ein Menschlein - auch ihr zum Trotz! - seinen individuellen Traum von Schönheit. Ein ungleicher Kampf - zweifellos - wer siegen wird, liegt auf der Hand. Trotzdem, ich für meinen Teil werde mit der "Göttin" kämpfen, auch wenn ich nie vergessen will, daß ich alles, was ich erreichen kann, ihr auch zu verdanken habe.Liebe Grüße von einer zur Selbstoffenbarung verleitetenTramina
Dies Leben kömmt mir vor als eine Rennebahn.
Andreas Gryphius (1616-1664)
Andreas Gryphius (1616-1664)
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Sehr interessanter Thread!Ich muss allerdings erst die gesamten Beiträge durchlesen, wirklich gut!Meine Linie ist: Pflanze und gestalte "Whatever you want!"Trotzdem, schön wäre es, wenn Harmonie zum Erklingen gebracht wird.Katrin, besonders dein Beitrag und deine Einstellung sollte sich mancherlei Gestalter zu Herzen nehmen. Was wäre denn der Baustil des 21.Jahrhunderts? Und wo? Bei uns. Und wo bei uns? In A, im Elsass oder in Mainfranken, in Holland oder bei Cuxhaven? Jede Gegend entwickelt ihren Stil, formt die Menschen, der Boden prägt die Werkzeuge etc. Und da wäre einfaches Kopieren zu billig, auch wenn zig Gartenzeitschriften Anregungen dazu geben. Sie könnten Begeisterung vermitteln, das ist aber schon alles. Nicht also dem Mainstream nachtreten, sondern eigene Kreationen bevorzugen.
-
- Beiträge: 10328
- Registriert: 12. Dez 2003, 18:36
- Kontaktdaten:
-
The best way to have a friend is to be one!
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Danke .Katrin, besonders dein Beitrag und deine Einstellung sollte sich mancherlei Gestalter zu Herzen nehmen.
Wir sind offenbar gleicher Meinung, denn das kann ich nur unterschreiben!VLG; KatrinNicht also dem Mainstream nachtreten, sondern eigene Kreationen bevorzugen.
"Ich glaube, viele von uns haben ihre Heimat längst verloren, denn sie haben sie in der Kindheit gelassen, in den staubigen Straßen und an den sonnigen Tagen, als die Welt noch gut war, weil wir nur die Fassade sahen und zu klein waren, die Türen zu öffnen."
ich
ich
- Nina
- Garten-pur Team
- Beiträge: 17905
- Registriert: 21. Nov 2003, 15:03
- Region: Vorgebirge, Rheinland
- Höhe über NHN: 100
- Winterhärtezone: 8a: -12,2 °C bis -9,5 °C
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Dazu ein Artikel bei spiegel.de: Laube, Liebe, Hoffnung
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Also mein Garten muss sein wie ein Wein: Das heißt er muss mir schmecken und gefallen. Mal tiefrot mal rose mal weiß und an anderen Tagen trinke ich auch was anderes Und mein Geschmack und meine Bedürfnisse verändern sich auch. Noch brauchen wir Platz zum Grillen und denken über einen (ich Schwimmteich - mein Mann über einen kleineren) Teich nach. Vielleicht brauchen wir in den nächsten Jahren eine Schaukel, ein Klettergerüst und Platz zum Ballspielen. Auch meine Zeit und mein Geldbeutel beeinflussen unseren Garten, aber trotzdem fühle ich mich darin wohl und ich glaube ich würde mich unwohl fühlen, wenn mein Garten perfekt wäre, denn dann hätte ich ja nichts mehr zu tun als ihn zu erhalten. Aber ich möchte gestalten, verändern und einfach darin rumpuzzlen, mal was Neues entdecken und auch mal was neuhinzufügen (vielleicht auch durch eine Gartenzeitschrift inspiriert oder durch ein Schnäppchen im Baumarkt ). Also mein Garten ist ein Garten des 21. Jahrhunderts und wird es hoffentlich noch gut 995 Jahre bleiben Eure auch???? :
Wenn´s mal nicht so läuft, wächst oder blüht - nicht ärgern, nur wundern!
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
So sollte es sein. Das ist der „lebendige“ Garten, der den Bedürfnissen der Familie angepasst wird, wo kreativ mit Natur-Bestandteilen umgegangen wird, in denen der Gärtner mit Ideen spielt. Der Garten soll uns etwas bringen, er soll ins in vielfältiger Weise nützen. Wenn dadurch unser Naturverständnis verbessert wird, umso besser.Es ist interessant, diesen Thread nach einer gewissen Zeit mit Distanz noch einmal durchzulesen. Die sehr hohe Meinung, die viele Diskussionsteilnehmer von ihrer Garteninterpretation haben (ich unterstelle mal, dass diese auch in der Realität existiert), hat schon den Anflug des Elitären. Und wenn dann noch der Vorwurf erhoben wird, es gäbe da welche, die einem Mainstream folgten (wie, bitte schön, sieht dieser aus?), dann frage ich mich, wer diesen denn initiiert hat. Mangels botanischem Wissen hat doch Otto Normalverbraucher gewiss nicht Thuja verlangt oder Austin-Rosen. Vor wenigen Jahren wusste kaum jemand, dass es außer Helleborus niger auch noch Ballard-Hybriden gibt. Garten“kunst“? Da stand allenfalls mal ein speiender Reiher an einem Goldfischbecken. Jetzt sollen es Mauerwächter, Rosenkugeln oder vermeintliche Keramik-Unikate sein, die aber auch nichts anderes als handwerkliche Massenware sind. Wir, die wir uns in unserem „Fachwissen“ sonnen, die wir über die Vielfalt der Erscheinungsformen eines Schneeglöckchens debattieren, die unterschiedlichen Blütenadern einer Geranium-Art nachziselieren und uns an Rhododendron-Arten oder Scilla-Varietäten delektieren, unterscheiden uns in der Mentalität kaum von Bierdeckelsammlern. Und ob die Gartengestaltungen des hier versammelten Freundeskreises als gelungen anzusehen sind, kann doch höchst unterschiedlich bewertet werden. Da die meisten Bilder hier ja zur „Benotung“ eingestellt werden, darf ich mir auch Zensuren anmaßen: Etliche Einser, viele Befriedigend und nicht wenige Mangelhaft. Provokant formuliert und auch gemeint. Mein Garten erhielt von einer Forumsteilnehmerin auch die Note „Durchgefallen“. Das vermittelte nur ihr Gesichtsausdruck. Was sie nachher erzählt hat, war vermutlich noch vernichtender.Es ist wie in der Kleidermode. Nicht Edeltraud Meyer bestimmt, was getragen wird, sondern Modehäuser und noch viel mehr große Handelsketten. An den Gartentrends, oder den Mainstreams, wirken in vorderster Linie die Baumschulen und Staudenzüchter mit. Allen voran die großen Pflanzen-Versender. Erst in zweiter Linie folgen die Gartenzeitschriften. Haben einige führende Köpfe aus der „Grünen Branche“ den Fuß in irgendeine Redaktionsstube gesetzt, folgt ein Bombardement mit Pflanzen, die man angeblich haben muss. Die Niederländer sind Meister in der floralen Public Relations. Da die Menge den Umsatz (und auch hoffentlich den Gewinn) bestimmt, wird der dicht bepflanzte Garten propagiert. Wo soll der arme Gärtner auch mit all den „Muss-ich-haben-Pflanzen“ hin? Also wird dicht an dicht gepflanzt, ob das allen Gewächsen bekommt, ist erst einmal zweitrangig. Hauptsache man/frau hat die ultimative Rose/Taglilie/Bartiris/Pfingstrose. Mir gefallen Schrebergärten auch nicht. Aber ich habe großen Respekt vor ihnen. Ich lehne sog. Japanische Gärten ab, dennoch bewundere ich sie. Ich erstarre bei französischen Parterre-Gärten, kann mich aber ihrer Faszination nur schlecht entziehen. Ich belächele Öko-Gärten, ziehe aber den Hut vor der Idee. Ich veralbere Gartenzwerge, beneide aber den Gärtner um seine Einfalt. Mein Garten ist nicht besser als andere. Er ist lediglich anders. Wer mit Fleiß seinen akkuraten Schrebergarten bestellt, verfügt über Tugenden, die unsere Gesellschaft wesentlich mittragen, die aber, wenn sie zu stark ausgeprägt sind, in die Katastrophe führen können. Ein farblich abgestimmter Ziergarten ist so weit von einem durchgeplanten Schrebergarten nicht entfernt. Das bunte Bild verstellt nur ein wenig den kritischen Blick. Der Stolz auf die stramme Reihe der Salatköpfe unterscheidet sich keineswegs von dem über die Rosensammlung. Den Salat kann man wenigstens noch essen.Ich glaube, wir Pflanzensammler und Gartenenthusiasten tun gut daran, über unsere Motive ein wenig selbstkritisch nachzudenken. Denn von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, genießen wir das unerhörte Privileg, über so viel Geld und Muße zu verfügen, dass wir uns diesen absoluten Luxus leisten können, mit dem wir ganze Industriezweige und ein breit gefächertes Handwerk unterhalten. Wer nicht mit eigener Hände Arbeit ein Grundstück erworben und urbar gemacht hat, darf nicht über angeblich mangelhafte Gartengestaltung urteilen. Hin und wieder klingt es hier zaghaft an, wie schwer es jungen Familien fällt, finanziell und zeitlich ausgepumpt über Gartengestaltung überhaupt nur nachzudenken. Unsere Debatten müssen denen wie Gespräche von einem anderen Stern vorkommen. Und die Botschaft, die wir ihnen bringen können ist so wertvoll nicht.Sehr selbstkritische GrüßeHortuUnd mein Geschmack und meine Bedürfnisse verändern sich auch.
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Zurück zur Eingangsfrage:
Die Frage ist m.E. falsch gestellt. Sie geht davon aus, dass die Gartengestaltung irgendwann in einen Idealzustand mündet. Aber das wird nie der Fall sein. Immer wird die Vielfalt stärker sein als jeder theoretisch noch so fundierte Ansatz. Gärten "sind" erst mal, und werden nur zeitweise "gemacht", um dann gleich wieder vom noch so heeren Konzept abzuweichen. Daher lautet die Antwort: Es gibt keinen Mainstream, und es wird ihn auch nie geben. Gärtner sind zu verschieden, als dass ihnen die Gestalter einen durchschlagenden Trend beliebt machen könnten. Gärten sind nun mal keine Kleider. In der ferneren Nachbarschaft hat vor fünf Jahren einer einen - soweit beurteilbar - perfekten Feng-Shui-Garten angelegt. Für viel Geld. Heute ist er von Brombeeren überwuchert (der Garten).Kann man zum derzeitigen Zeitpunkt ein Statement über die Mainstreams und die Trends in der Gartengestaltung in Mitteleuropa wagen? Wird sich ein roter Faden herauskristallisieren, oder werden sich alle pluralistischen und postmodernen Ansätze im multikulturellen Abmiente verlieren.Wer gibt Qualitätskriterien vor, und mit welcher Begründung?
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Hortu, das ist wieder mal ein Beitrag, wo ich dich praktisch für fast jeden einzelnen Satz knutschen könnte
- Nina
- Garten-pur Team
- Beiträge: 17905
- Registriert: 21. Nov 2003, 15:03
- Region: Vorgebirge, Rheinland
- Höhe über NHN: 100
- Winterhärtezone: 8a: -12,2 °C bis -9,5 °C
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Das schaue ich mir dann in Frankfurt an.
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Könnte Nina, nicht werde , bin schließlich sehr zurückhaltend, - außer mit der Klappe .... ,
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
@Hortu : Chapeau !
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Das möcht ich sehn ;DIm Übrigen denke ich bei solchen Diskussionen mitunter an Jürgen Dahl, den wortgewaltigen Pflanzenbeobachter und -beschreiber, der in seinem eigenen Garten mit Zeitungen mulchte, ein unbeschreiblicher Anblick. Völlig durchgefallen. Aber die Texte waren genial.bin sehr zurückhaltend, - außer mit der K ... ,
Re:Garten des 21.Jahrhunderts
Tolles Thema tolle Beiträge. Großes Kompliment an alle. Aber jetzt werde ich euch mal mit meiner Zukunftsvision erschrecken.Der Garten des 21. Jahrhundert wird künstlich zu beschatten sein, da die Pflanzen durch die intensivere Sonneneinstrahlung Sonnenbrand bekommen und /oder verdorren. Dies ist vielleicht dann bei quatratisch angelegten Beeten am günstigsten zu erreichen. Dadurch wird eine Form schon mal vorgegeben sein. Wegen heftigeren Winde werden die Zierpflanzen kurzstieliger werden. Großflächiges giesen wird tabu sein, sondern jede Pflanze bekommt per Tropfbewässerung ihre Feuchtigkeit zugeteilt. Wir werden Exoten anbauen wie Orangen und Bananen. Artischocken werden kein Problem mehr sein. Die Gartengestaltung wird durch die Wassermenge bestimmt sein, die vorhanden ist. Wir werden wieder mehr Bäume pflanzen- zum Beschatten. Wir werden statt über Schnecken uns über Zikaden und anderes Getiere beklagen. Auch die Unkrautflora wird sich ändern. Durch die sehr warmen Sommer und die kalten Winter, wird sich auch die Pflanzenwelt in unseren Blumen- und Strauchbeeten ändern. Ich will hier nicht schwarz malen. Ich gehe nur von meiner Beobachtung aus und wie die Entwicklung sein könnte.