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Jugendstil und Staudenverwendung (Gelesen 23181 mal)

Gartengestaltung von Planen, Gelände und Boden über generelle Anlage, Wege, Steine, Zäune, Beete bis hin zu Kunst und Handwerk

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Anne Rosmarin
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

Anne Rosmarin » Antwort #30 am:

Mal ganz unabhängig von historisch verwenderten Pflanzen finde ich sieht die Osterluzei doch sehr jugendstilig aus.
Liebe Grüße, Anne

ich bin die/der ich bin
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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #31 am:

Ich denke auch, dass zumindest im deutschsprachigen Raum zur Jugendstilblütezeit nur weniges an Stauden vorhanden war, im Gegensatz zu England. Nur hatte der Jugendstil dort nicht seine typische Ausprägung.
Ganz so klein kann das Staudensortiment um 1900 in Deutschland nicht gewesen sein.Allein in einem Reprint von Eduard Schmidtlein "Die Bürgerliche Gartenkunst", Stuttgart 1852 werden schon deutlich über 100 verschiedene Staudenarten (einschl. Zwiebeln) aufgeführt.Seit 1885 gab es die Staudengärtnerei Goos & Koenemann, die eine große Anzahl von Züchtungen hervorgebracht hat. Gibt es von dieser Gärtnerei keine alten Kataloge?
es gibt ein ganzes Buch. 1910. Unsere Freiland-Stauden. Unter Mitwirkung von Georg Arends, Goos & Koenemann, Camillo Karl Schneider, James Veitch & Son und Franz Zeman, herausgegeben von Ernst Graf Silva Tarouca. Zu diesem Werk gibt es natürlich noch die Entsprechung in Laub- und die in Nadelgehölze. Damals umfasste der deutschsprachige Kultur-Raum noch die Tschechei und Ungarn.Das neueste an Gartenkunst war die Hinwendung zu natürlichen fließenden Linien und weg vom Rechten Winkel. Mitten in die Rasenflächen wurden geschwungene Beete gesetzt, die von allen Seiten bewundert werden konnten und einzelne Stauden in die Rasenfläche vor Gehölzen, damit es hübscher und natürlicher aussah. Erst viele Jahre später hat Alan Bloom solche Inselbeete für sich reklamiert und auch die Zungenbeete sind erst später von deutschen Staudenleuten angelegt worden.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”

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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #32 am:

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macrantha
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

macrantha » Antwort #33 am:

In GB heisst die entsprechende Richtung Arts and Crafts und der National Trust hat in 2010 einen Garten dieser Bewegung (den von William Morris???) erworben/restauriert/wiedereroeffnet.
Gerade der Garten hat mich jetzt gar nicht begeistert. Das Haus ist fantastisch mit vielen Orginaltapeten und Wandvorhängen von Morris. Ich hoffe, das der Garten in den nächsten Jahren noch besser restauriert wird. Letztes Jahr war viel Wildwuchs zu sehen und sehr einfallslose Anpflanzungen. Ein schöner Gemüseteil, Bartnelken mit Fingerhut und viel Naturwiesen.Am Besten hat mir ein kleines Farntal mit Wasserfall gefallen - das war hübsch romantisch.Übrigens war die Arts- und Craftsbewegung in England sehr, sehr vielfältig.Es gab Anhänger, die quasi den reinen Naturgarten postulierten - mit wenigen Eingriffen und schon gar keinen menschengemachten Objekten.Andere hielten griechische und römische Ideale hoch und pflasterten den ganzen Garten mit antiken Säulen und Statuen.Ein sehr dehnbarer Begriff.Beim Begriff Jugendstil muss ich immer an die prachtvollen Fassaden von Prag denken.
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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #34 am:

ja, der Garten von Graf Silva Tarouca liegt ja in Pruhonice südlich von Prag und er ist der größte erhaltene Park, der in der Zeit des Jugendstils aufgebaut und gestaltet wurde. Wir haben die Stunden dort im Mai 2010 sehr genossen!
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

raiSCH » Antwort #35 am:

Pruhonice ist wirklich sehenswert. Mir fällt auch noch das jetzt restaurierte Schloss Janowitz in Böhmen ein, in dessen Park Rainer Maria Rilke und Karl Kraus häufig lustwandelten und mit einem Weg und einer Sitzgruppe verewigt sind.
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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #36 am:

ja, der Rainer. Auch schwer vom Jugendstil gebeutelt. ;)
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

Gartenplaner » Antwort #37 am:

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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

raiSCH » Antwort #38 am:

Am Anfang des Fadens hat jemand Karl Foerster als zu spät mit seinem Garten Angefangenen aus dieser Diskussion katapultiert, aber wo ist er mit seinem unverkennbaren Stil in seinen Büchern einzuordnen, wenn nicht im Jugendstil? Für seinen Bornimer Garten gilt gestaltungsmäßig Vergleichbares - innovativ war er eher in der Pflanzenauswahl und in der Züchtung, und er hat sich zeitlebens wenig verändert.
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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #39 am:

Gartenplaner, das war nicht der Hintergrund für diese nicht-geometrischen Pflanzungen in Rasen- oder Wiesenflächen. Die Fotos und ausführlichen Beschreibungen in Taroucas Buch zeigen etwas ganz anderes. Es sind fließende Übergänge zwischen Ufer-, Wiesen- und Waldsäumen zu Rasenflächen und im Extrem wurden tatsächlich Stauden in großer Zahl in die Rasenflächen gepflanzt um eine völlig natürliche Wirkung zu erzielen. So etwas hat es vorher nicht gegeben. Pückler-Muskau erwähnt nichts dergleichen in Bezug auf den klassischen englischen Landschaftsgarten.Nachher gab es so etwas schon aus pflegetechnischen Gründen nicht. Heute wird aber in Pruhonice an dem Prinzip festgehalten keine unmotivierten Staudenpflanzungen in den Rasen zu pflastern. Wie Milan Blazek erklärte, wird, auch im Gegensatz zu den Pflanzungen im Dendrologischen Park, versucht die Hochstaudenflur in Begleitung der Gewässer und die Stauden der Waldsaumgesellschaften nachzuempfinden, ohne allerdings auf den Spleen unserer 70er Jahre zu verfallen nur einheimisches wachsen zu lassen.
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Zwiebeltom
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

Zwiebeltom » Antwort #40 am:

Ohne wirklich zu wissen, ob Foerster einen bestimmten Gartenstil (außer einem eigenen) verfolgt hat, gebe ich zu Bedenken, dass nicht alles Jugendstil gewesen ist, was zwischen ca. 1890 und 1914 entstanden ist. Weder in der Architektur, noch in anderen Kunstrichtungen und damit sicher erst recht nicht in der Gartengestaltung.Spannend finde ich diesen Thread auf jeden Fall! Da bekomme ich richtig Lust, Jugendstilgebäude anzuschauen und zu überlegen, wie deren Außenanlagen wohl mal gestaltet waren. Eins meiner Lieblingshäuser hier in der Stadt ist ganz typisch Jugendstil, der Garten bietet derzeit jedoch nichts Interessantes.
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

raiSCH » Antwort #41 am:

Das ist leider richtig: ich schaue bei Jugendstilhäusern auch sogleich auf den umgebenden Garten und bin meistens enttäuscht. Dafür gibt es aber mehrere Gründe: Erstens wird wohl kein Garten jetzt nach über 100 Jahren mehr im ursprünglichen Zustand sein, und zweitens ist es richtig, dass es noch weniger als in der Architektur eine Form einen typischen Jugenstilgarten gab - das Charakteristischste für den Jugendstil ist das Dekorative, nicht das Strukturelle.
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #42 am:

Am Anfang des Fadens hat jemand Karl Foerster als zu spät mit seinem Garten Angefangenen aus dieser Diskussion katapultiert, aber wo ist er mit seinem unverkennbaren Stil in seinen Büchern einzuordnen, wenn nicht im Jugendstil? Für seinen Bornimer Garten gilt gestaltungsmäßig Vergleichbares - innovativ war er eher in der Pflanzenauswahl und in der Züchtung, und er hat sich zeitlebens wenig verändert.
genauso sehe ich das auch. Im Katalog der Gärtnerei Foerster von 1928/29 findet man einen Plan des gesamten Gartens, der sehr jugendstilig ist. Senkgarten, Naturgarten, Frühlingsweg und Steingarten bilden die Elemente, die auch noch heute zu ahnen sind. Der Stil Karl Foersters ist genauso jugendstilisiert wie der von Lou Salome - heute kaum zu lesen. Aber im Gegensatz zu ihr hatte Karl Foerster einen konkreten Gegenstand und da kann man ihm hervorragend folgen. Und das Emblem der Gärtnerei sind drei um eine Blüte herum angeordnete Schmetterlinge. Typisch Jugendstil.
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

raiSCH » Antwort #43 am:

Ernst Graf Silva Tarouca und Camillo Sschneider (der spätere Herausgeber der "Gartenschönheit") nannten ihre dreibändige Reihe ""kulturhandbücher für Gartenfreunde", und das sicher in doppeldeutigem Sinn: Kultur als Praxis der Pflanzenpflege und als idealer Überbau, und das ist jedenfalls typisch Jugendstil. Der erste Band "Unsere Freiland-Stauden" umfasst 484 eng bedruckte Seiten, davon 72 Seiten verschiedene Register!
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pearl
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Re:Jugendstil und Staudenverwendung

pearl » Antwort #44 am:

ein Kapitel von Camillo Karl Schneider:"Die Stauden in der architektonischen Anlage, insbesondere im HausgartenWenn wir den Blumenschmuck in den Villengärten unserer Staädte ... betrachten, so finden wir dort nur selten Stauden....Man fragt sich unwillkürlich, wie es kommt ... den Grund dafür können wir nur darin finden, dass die Gartenbesitzer nicht mehr in dem Maße wie früher sich selbst im Garten betätigen, nicht mehr jenes innige Verständnis für Pflaneznschönheit besitzen, durch das sich noch unsere Großeltern so oft auszeichneten ... "1910! geschrieben!
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