Handveredelungen: Erfahrungen? Stammbildung!? (Gelesen 13696 mal)

[roburdriver]

Hallo,wer hat von euch Erfahrung mit (Winter-)Handveredelungen. Wie sind die Erfolgsaussichten im Vergleich mit Kopulation im Freien? Wann sollte man das durchführen, direkt vorm Auspflanzen oder schon eher?Veredelung von Apfel/Birne/Plaume auf Sämlingsunterlagen besser unten oder oben veredeln? Wo bekommt man Infos über die Stammbildungsqualität der Edelsorte?Wo bleibt blös der Frühling? Schon wieder zweistellige Minusgrade angesagt (GrüßeRobin

[AndreaeS]

Sehr interessantes Thema. Ich glaube der Erfolg ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig, vom Werkzeug, von der Erfahrung, vom Wetter, und, und, und.Die Wahl der Unterlage bestimmt das Wachstum deiner Edelsorte, ob langsam-, mittelschnell-, oder schnellwachsend.

[roburdriver]

Mir kam das Handveredeln halt in den Sinn, da es weiter winterlich ist und warum nicht die Unterlagen im Schuppen bei angenehmen 4Grad Plus veredeln. Nun sind aber nicht alle Unterlagen 1,60m groß und mir kam in den Sinn die Veredelung tiefer vorzunehmen und den Stamm durch das Edelreis zu verlängern, bzw. gleich über der Wurzel zu veredeln(wurde früher häufig gemacht wenn ich mir alte Obstbäume anschaue).Die Unterlage bestimmt das Wachstum, das leuchtet mir ein, ABER soll die Unterlage den Stamm bilden oder nur den Wurzelstock und wenn ja woher bekomme ich das Wissen ob die Edelsorte brauchbare stabile und frostresistente Stämme bildet !?Und wie lange vor dem Pflanztermin kann man Handveredeln und die Komposition lagern?

[Murkser]

Hi Robin,ich hab die Erfahrung gemacht, dass Veredlungen deren Unterlage 1 Jahr nicht verpflanzt wurde viel besser durchtreiben, da sie keine Wurzelbeschädigungen erfahren mussten.Für gewöhnlich veredelt man unten, vermutlich weil man ja die Stammqualität der (Sämlings!)Unterlage nicht kennt. Allgemein denke ich bilden starkwüchsige Sorten mit geringer Krebsneigung und hoher Frosthärte auch brauchbare Stämme.Für empfindliche oder schwachwüchsige Edelsorten würde ich den Stamm und evtl. sogar das Gerüst mit einem Stammbildner hochziehen. Das spart evtl. Frust mit Kümmerwuchs und Geradestäbeln krummer Triebe. Gruß

[AndreaeS]

Nun sind aber nicht alle Unterlagen 1,60m groß und mir kam in den Sinn die Veredelung tiefer vorzunehmen und den Stamm durch das Edelreis zu verlängern, bzw. gleich über der Wurzel zu veredeln(wurde früher häufig gemacht wenn ich mir alte Obstbäume anschaue).

Die Höhe der Veredelung kannst du so auswählen wie du sie haben möchtest. Je nachdem was du für eine Stammform haben willst. Es gibt prinzipiell 3 Stammformen, der Hochstamm mit 180–200 cm Höhe, der Halb- und Niederstamm mit 100 cm-160 cm Höhe und der Buschbaum, der nur 40–60 cm Höhe hat. Du kannst selbstverständlich auch tiefer veredeln, Minimum bis 10 cm über dem Boden. Allerdings sollte in jedem Fall, auch wenn die Veredelungsstelle später angewachsen ist, die immer mit etwas Abstand über dem Boden herausschauen.

Die Unterlage bestimmt das Wachstum, das leuchtet mir ein, ABER soll die Unterlage den Stamm bilden oder nur den Wurzelstock und wenn ja woher bekomme ich das Wissen ob die Edelsorte brauchbare stabile und frostresistente Stämme bildet !?

Das kannst du auch handhaben wie du möchtest, die Unterlage kann sowohl den eigentlichen Stamm bilden, als auch nur den Wurzelstock. Allerdings hat das auf dem Stamm veredeln den Vorteil, dass er schon hoch ist, während der zukünftige Edelreis erst einmal diese Stammdicke, Festigkeit und auch Höhe wie die Unterlage erreichen muss, was viele Jahre dauern kann. Eine frostharte und beliebte Unterlagen-Sorte ist der Bittenfelder Sämling.

Und wie lange vor dem Pflanztermin kann man Handveredeln und die Komposition lagern?

Lagern würde ich das überhaupt nicht erst, ich würde den Baum (Unterlage), wenn das Wetter soweit ist, pflanzen und kraftig angießen. Nach einigen Tagen dann bei milden aber bewölktem Wetter die Veredelung vor Ort vornehmen, möglichst nicht bei praller Sonne.

[roburdriver]

Danke euch für die Infos.Ich denke ich werde einen Teil per Handveredelung und den anderen Teil nach Verpflanzung ins Freie veredeln und mal schauen was besser funktioniert. Ich werde dann mal berichten wie es geklappt hat. ;)Leider sind die Nacht wieder 20cm Schnee gefallen und statt im Garten zu buddeln ist Schneeschippen angesagt :-\Welchen Einfluss hat eigentlich die Sorte der Unterlage auf die Qualität und Geschmack der Edelsorte? Gibt es da irgendwelche Erkenntnisse, welche Unterlage den Geschmack/Aroma welcher Edelsorte begünstigt? Ich hab irgendwo gelesen(wenn ich nur wüsste wo?) das der Bittenfelder nicht unbedingt Geschmacksfördernd sein soll. ???Wir hatten früher einen Cox Orange(R.I.P.) mit herausragendem Geschmack und Aroma auf einer unbekannten Unterlage, andere Cox Orange die dich bisher verkostet habe kommen bei weitem nicht an diese Früchte des Baumes heran. Ich kann mir gut vorstellen das verschiedene Unterlagen mit der selben Edelsorte auch verschieden Nuancen und Aromen ausbilden. Das wäre mal eine Untersuchung wert, nur gibts dann die Erkenntnisse immer erst in einigen Jahren.

[Gurke]

Lagern würde ich das überhaupt nicht erst, ich würde den Baum (Unterlage), wenn das Wetter soweit ist, pflanzen und kraftig angießen. Nach einigen Tagen dann bei milden aber bewölktem Wetter die Veredelung vor Ort vornehmen, möglichst nicht bei praller Sonne.

Sorry aber umständlicher gehts ja kaum Ich würde entweder die Unterlage + Reis so lange lagern bis die Temperaturen über dem Gefrierpunkt sind (dann kann es auch verwachsen) und dann veredeln und die fertige Veredelung auspflanzen.Oder jetzt veredeln und im frostfreien Schuppen getopft oder eingeschlagen "lagern" bis gepflanzt werden kann. dann kann die Verwachsung auch schon beginnen.

[AndreaeS]

ich hab die Erfahrung gemacht, dass Veredlungen deren Unterlage 1 Jahr nicht verpflanzt wurde viel besser durchtreiben, da sie keine Wurzelbeschädigungen erfahren mussten.

Sorry aber umständlicher gehts ja kaum

Tja da gehen die Meinungen wohl auseinander, ich würde aber auch eher die obige Methode anwenden und die Veredelung an einem fertig angewachsenen Baum vor Ort vornehmen und nicht an einem, der noch nicht ausgepflanzt ist.

[Zuccalmaglio]

der Link in #4 zu Wiki bzw. Bittenfelder Sämling ist ja wohl daneben. Das Bittenfelder selbstfruchtbar sein soll, ist ja wohl ein falsches Ding. Mir ist noch keine gesicherte Erkenntnis/Untersuchung bekannt geworden, die die Selbsfruchtbarkeit von Kulturäpfeln belegt hätte.

[AndreaeS]

der Link in #4 zu Wiki bzw. Bittenfelder Sämling ist ja wohl daneben. Das Bittenfelder selbstfruchtbar sein soll, ist ja wohl ein falsches Ding. Mir ist noch keine gesicherte Erkenntnis/Untersuchung bekannt geworden, die die Selbsfruchtbarkeit von Kulturäpfeln belegt hätte.

Es geht zwar hier eigentlich speziell um die Unterlagen und der Bittenfelder ist nunmal eine beliebte Unterlage. Zu dem Artikel im Internetlexikon Wikipedia, den Du ansprichst, musst du dich an die wenden, falls das eine Wort wirklich nicht zutreffen sollte, wir haben den Artikel nicht verfasst.

[Zuccalmaglio]

@andreaS,ich wollte dich nicht für das setzen des Links kritisieren , sondern die m.E. fatale falsche Aussage im Link.Und da ist nicht nur ein Wort falsch, sondern die Aussage ist auch erheblich wichtig, wenn man über Unterlagen und deren Eigenschaften und Wirkungen diskutiert.Und man wird ja noch auf Unsinn bei Wiki hinweisen dürfen. Das du die Urheberschaft für diesen Unsinn hast, habe ich im übrigen nicht behauptet, ja noch nicht einmal vermutet.

[Johannes Boysen]

Hallo,wir als Baumschule veredeln alle unsere Obstsorten als Handveredlung - als Kopulation. Die Reiser sind im Dezember/Januar geschnitten und mit den Unterlagen im Kühlhaus gelagert. Ab Februar wurde veredelt - drinnen im warmen Arbeitsraum. Früher haben wir die veredelten Sorten in Kisten im Torf eingeschlagen und im Kühlraumn bis zum Frrühjahr gelagert. Dann wurden sie getopft oder im Freiland ausgepflanzt. Jetzt werden die Veredlungen gleich nach dem veredeln getopft und ins Gewächshaus gestellt. Das erspart uns einen Arbeitsgang und die Veredlungen können gleich weiter wachsen. Sobalt das Wetter es zu läßt kommen die jungen Veredlungen dann in Beete ins Freiland - meist ab Mitte April. Wir veredlen so alle Apfel-, Birnen-, Kirschen-, Pflaumen und Quittensorten.Gruß

[Moneydrops]

Hallo, wurde hier ja eigentlich schon alles eingehend erklärt und Herr Boysen hat es ja auch prima auf den Punkt gebracht. Vielleicht hilft ja das Gartenfernsehen hier noch ein weng, die Entscheidung leichter zu machen. Neben "Apfelbaum vermehren im Winter - Teil 1 + 2" Sollte man sich dann aber auch gleich "Apfelbaum per Veredelung vermehren - Teil 1 + 2", bezüglich der Sommerokulation anschauen.[size=0]Für was man alles Zeit am Sonntag hat, nur weil es 15 cm Neuschnee gab............[/size]

[cydorian]

der Link in #4 zu Wiki bzw. Bittenfelder Sämling ist ja wohl daneben. Das Bittenfelder selbstfruchtbar sein soll, ist ja wohl ein falsches Ding. Mir ist noch keine gesicherte Erkenntnis/Untersuchung bekannt geworden, die die Selbsfruchtbarkeit von Kulturäpfeln belegt hätte.

Es gibt schon Selbstfruchtbare, z.B. der Apfel "Red River". Wir hatten die Diskussion schon mal in diesem Thread: http://forum.garten-pur.de/index.php?bo ... 45;start=0

[Zuccalmaglio]

ja, richtig. Interessant, das noch mal zu lesen.Bleibe aber zu Bittenfelder so und so und auch zu Red River hinsichtlich der Selbstfruchtbarkeit skeptisch, solange das nicht im Sinne einer Untersuchung belegt ist.Vielleicht liegt es ja nur an meinen mangelhaften Netzfähigkeiten. Aber zur Selbstfruchtbarkeit von Red River finde ich im Netz nur Behauptungen.